Haselstein: 18 Meter Burg freigelegt

Der Haselsteiner Schlossberg ist um eine Attraktion reicher. Der ‚Bautrupp‘ des Heimat- und Geschichtsvereins hat auf der Ostseite des Burgareals die Überreste eines 18 Meter langen Gebäudeteils freigelegt. Entdeckt worden sind die lediglich von einer geringen Erdüberdeckung verborgenen Mauerzüge zur allgemeinen Überraschung bereits im vergangenen Herbst. Den aktuellen Arbeiten vorangegangen war eine Begehung durch die zuständigen Fachbehörden und die Genehmigung der Grabungen durch die Landesarchäologie. Sie wurden fachlich begleitet von Burgenforscher Dr. Joachim Zeune, der bereits den Baubestand der Ruine Haselstein erhoben hatte, sowie Kreisarchäologin Milena Wingenfeld.

Grabungsteam (v.l.n.r.:): Anton Vogt, Berthold Vogt, Andreas Knüttel, Dr. Joachim Zeune, Milena Wingenfeld, Peter Höfer, Alexander Köhler. Nicht auf dem Bild: Jürgen Herbert, Matthias Brehler

Bei dem freigelegten, mindestens zweistöckigen Gebäudeteil handelt es sich, wie die beiden Vorsitzenden Berthold Vogt und Andreas Knüttel berichten, nach bisheriger Einschätzung um eine spätere Zutat zur ursprünglichen Burg aus dem frühen 12. Jahrhundert. In den steilen Abhang wurde vor die Ringmauer ein langgestrecktes Gewölbe eingebaut. Dieser Keller war von dem tiefer gelegenen Burgtor aus zugänglich. Das Portal war bereits bei den letztjährigen Probegrabungen entdeckt worden. Das obere Stockwerk befand sich auf Höhe des Burghofs. Die ursprüngliche Ringmauer bildete hier die bergseitige Wand des Anbaus und wurde an verschiedenen Stellen verändert. Im Verlauf des gesamten 18 Meter langen Mauerzuges wurden zwei Portale, ein Fenster, zwei Abortschächte sowie eine Öffnung mit vorgelagerten Stufen entdeckt, deren Zweckbestimmung noch enträtselt werden muss.

Freigelegter Mauerzug (Teilansicht)

Auch die Datierung bereitet noch gewisse Schwierigkeiten. So deutet der kunstvoll gearbeitete Fenstersims, der beiderseits von steinernen Sitzbänken eingerahmt ist, auf das späte 16. Jahrhundert. Genau in diese Zeit fällt aber auch der Bau des Amtshauses am Fuß des Schlossbergs, der heutigen Caritas-Werkstatt. „Der Grundstein gibt 1546 als Baubeginn an. Aus den Rechnungen des Amtes wissen wir ziemlich genau, dass der Endausbau um 1600 erfolgte und die Amtsverwaltung um 1605 von der Burg hinunter ins Amtshaus umgezogen ist“, weiß Andreas Knüttel: „Wenn kurz vorher an der Burg noch nennenswert um- bzw. angebaut worden wäre, verwundert dies schon sehr.“

Fenstersims mit erhaltener steinerner Sitzbank

Der dauerhafte Erhalt der freigelegten Mauerreste erfordert umfangreiche Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten. Vorsitzender Berthold Vogt weist auf das Anliegen des Vereins hin, auch diesen Bereich für Besucher und Wanderer frei zugänglich zu machen: „Aber schon heute lohnen die neuen Ausblicke auf das östliche Kegelspiel, die wegen des dichten Bewuchses bisher nicht möglich waren.“

Jahreshauptversammlung 2020

Vorstand im Amt bestätigt – Fortschritte bei der Burgsanierung

Im Mittelpunkt der diesjährigen Jahreshauptversammlung am 7. März stand die turnusgemäße Neuwahl des Vorstands. In ihren Funktionen für vier weitere Jahre bestätigt wurden Vorsitzender Berthold Vogt, Andreas Knüttel als Stellvertreter, Kassenwart Michael Käsmann sowie Jürgen Herbert als Beisitzer. Neu als Schriftführer fungiert Peter Höfer. Die beiden neugewählten Beisitzer Matthias Brehler und Lothar Klewitz komplettieren das Vorstandsteam.

Hintere Reihe (v.l.n.r.): Michael Käsmann, Peter Höfer, Matthias Brehler und Lothar Klewitz.
Vorn: Andreas Knüttel, Berthold Vogt, Jürgen Herbert.

Zur Burgsanierung berichtete Vorsitzender Berthold Vogt über den 1. Sanierungsabschnitt vom August/ September 2019. Gearbeitet wurde an den Überresten der östlichen Vorburg sowie des viereckigen Torturms. Der im Frühjahr anstehende 2. Bauabschnitt wird das gegenüberliegende ‚nördliche Wohngebäude‘ zum Gegenstand. Auftraggeber der auf über 100.000 € veranschlagten Maßnahme ist HessenForst als Eigentümer des Schlossbergs.

Andreas Knüttel stellte die zentralen Erkenntnisse zur Baugeschichte der Burg anhand der vom Büro für Burgenforschung Dr. Zeune 2019 vorgenommenen Bestandsdokumentation vor:

  • Ältestes Bauteil ist der Teil der Schildmauer „unten rechts“ von Anfang des 12. Jh.
  • Die übrigen Bauteile sind nach 1282 entstanden.
  • Die Bauteile, von denen noch am meisten erhalten ist (Torturm, angrenzendes ‚nördliches‘ Wohngebäude), stammen aus der Zeit nach 1465.
  • Die äußeren Zwinger (östliche u. westliche Vorburg) sind ggf. noch jünger.
  • An der Schildmauer – außen – nachgewiesene Aborterker lassen darauf schließen, dass das historische Bodenniveau auf der der Innenseite deutlich tiefer gelegen hat als das heutige Erdniveau.
  • Diverse weitere Bereiche scheinen lohnend für weitere, auch archäologische Forschungen, z.B. Kemenate oder Bergfried.
Außenwand des Torbaus (Ostseite) nach erfolgter Sanierung im August/ Sept. 2019.

Im geselligen Jahresprogramm ist wieder ein Tagesausflug zu einem Weihnachtsmarkt an einem Advents-Samstag, z.B. Erfurt, geplant; weiterhin eine Neuauflage des Dorfquizabends und – für den Winter – von „Skat&Strick“ Der Verein hat zur Zeit 89 Mitglieder und gilt weiterhin als gemeinnützig. Das Finanzamt hat nach der Steuerprüfung für 2015-18 den steuerlichen Feststellungsbescheid wieder erteilt.