1774 – In der Kürze liegt die Würze

Pfarrer Motz bringt es auf den Punkt

Über Pfarrer Franz Joseph Motz, der von 1765 bis zu seinem Tod 1774 in Haselstein amtierte, ist eine Anekdote überliefert. Als Mensch der Barockzeit war er, dem damaligen Zeitgeist entsprechend, darin geübt, in langen, verschachtelten Sätzen zu schreiben und verschnörkelte Formulierungen zu verwenden. Dennoch war er, auf entsprechende Anforderung, im entscheidenden Moment in der Lage, sich zur Abwechslung einmal kurz zu fassen. So konnte er Fürstbischof Heinrich von Bibra (1759-1788) davon überzeugen, ihm eine Zulage zu seinen Einkünften zu gewähren. Die Geschichte ist in den ‚Schwänken und Schnurren aus dem Fuldaer Land‘ 1959 von August Feldmann unter der Überschrift ‚In der Kürze liegt die Würze‘ erzählt worden. Leider wird die zugrundeliegende Originalakte nicht genannt.

“Der 1774 verstorbene Pfarrer Motz zu Haselstein hatte sich um Aufbesserung seines geringen Einkommens an den Fürstbischof Heinrich gewandt, aber sein Schreiben zu weitschweifig gehalten. Der Fürst war ein Feind von langem, nutzlosem Gerede und hatte noch weniger Lust, lange Briefe durchzulesen. Als er daher die Eingabe des Pfarrers und den Umfang sah, schickte er sie sofort zurück mit dem Bemerken: „Dieser soll sich kürzer fassen.“ Der Pfarrer verstand und reichte nun folgende Bittschrift ein: „Gnädiger Herr und Fürst! Mich friert, hungert und dürst.“ Dies gefiel dem Fürsten wegen der lakonischen Kürze, und er beantwortete den Schmerzensausruf mit der ebenso lakonischen Bewilligung: „Zwei Klafter Holz, zwei Malter Korn und ein Eimer Wein persönliche Subvention.“

Zu einer Bildergeschichte ist die Anekdote 30 Jahre später für das Informationsblatt des Hessischen Kultusministeriums ‚Schule in Hessen‘ verarbeitet worden. Es wurde kostenlos an allen Schulen im Land verteilt. Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre wurden zur Auflockerung historische Anekdoten aus den unterschiedlichsten Landesteilen in Comic-Form präsentiert. Der unkonventionelle Hilferuf des ‚Pfäffleins Motz aus Haselstein‘ hat Eingang in die Ausgabe 3/1990 gefunden. Die Vollständigkeit gebietet es zu erwähnen, dass Pfarrer Motz an seiner unbefriedigenden Einkommenssituation nicht unschuldig gewesen ist. Seit 1760 hatte er die Pfarrei Borsch versehen, eine deutlich größere Pfarrei als Haselstein. Letztere war mit 234 Katholiken (1763) die kleinste Landpfarrei im Fürstbistum. Nach dem Tod von Pfarrer Johann Baptist Fischer, der seit 1758 Pfarrer in Haselstein gewesen war, Ende Februar 1765 bemühte sich Franz Joseph Motz erfolgreich um die freigewordene Klein-Pfarrei. Verbunden mit der überschaubaren Zahl an Pfarrkindern war insbesondere ein merklicher Rückgang seiner Einkünfte aus den Stolgebühren für die Sakramentenspendung (Taufen, Trauungen, Beerdigungen usw.). Diese ‚leistungsabhängige‘ Komponente machte, anders als heute, einen wesentlichen Anteil der Priestereinkommen aus. Pfarrer Motz‘ Geburtstag war der 18. Dezember 1704.

Zum Priester geweiht wurde er 1729. Die Angaben über seine Herkunft sind widersprüchlich. Nach den Fuldaer Studentenmatrikeln und den Weiheakten stammte er aus Hammelburg. Andere Quellen nennen das Propsteidorf Johannesberg (bei Fulda) als Geburtsort. Bevor er im März 1760 zum Pfarrer in Borsch ernannt wurde, war er seit 1737 erster Pfarrer der von Fürstabt Adolph von Dalberg neu errichteten Pfarrei Wartmannsroth (bei Hammelburg). Begraben wurde Pfarrer Motz nach seinem Tod am 31. März 1774 als letzter Pfarrer in der Haselsteiner Kirche. Sein Grab befindet sich im Altarraum in der Nähe des Grabes des 1758 verstorbenen Pfarrers Johann Valentin Langavel. Die Lage dieser Grabstätte ist durch das in die Wand eingelassene kunstvolle Grabdenkmal auch heute noch genau – unter der ‚Küsterbank‘ – zu verorten.

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