Burg Haselstein ist ‚offenes Denkmal‘

Zum Aufstieg auf die Ruine Haselstein lädt der Heimat-, Kultur- und Geschichtsverein aus Anlass des bundesweiten ‚Tags des offenen Denkmals‘ am kommenden Sonntag, 10. September, ein. Erstmals vorgestellt wird der älteste, um das Jahr 1100 entstandene  Bereich der Burganlage. Es handelt sich dabei um das südliche Gebäude der Kernburg, direkt unter dem Gipfelfelsen gelegen. Die Überreste sind erst im Frühjahr freigelegt und baulich gesichert worden.

Angeboten werden zwei Führungen zur Baugeschichte der Haselsteiner Burg, die sich von 1100  über 500 Jahre bis zum 30-jährigen Krieg erstreckt. Die Führungen beginnen um 14:00 und um 16:00 Uhr und starten an den historischen ‚Eselskellern‘ auf halber Bergeshöhe. Dort erwarten die Besucher ab 13:30 Erfrischungen aller Art. Ausreichend zu Trinken, Kaffee und Kuchen sowie Schmackhaftes vom Grill laden zum Verweilen und geselligen Miteinander ein.

Burgführung am Tag des offenen Denkmals 2022

Der Weg zu den Eselskellern ist ab dem Schlosshof (Schlossbergstr. 4) sowie dem Wanderparkplatz am Ende der Schlossbergstraße (Parkmöglichkeit für Kfz) ausgeschildert. Festes Schuhwerk für den Aufstieg auf den Schlossberg wird dringend empfohlen.

Die Burg Haselstein, deren frühester Bauteil nun erstmals zu besichtigen ist, war im späten 11. Jh. von der Reichsabtei Fulda errichtet worden. Sie diente als Stützpunkt  zur Beherrschung des umliegenden Klosterbesitzes und zur Sicherung des Handelswegs von Frankfurt nach Mitteldeutschland (Antsanvia). Erstmals erwähnt wurde die Burg 1113.

Die Glanzzeit der Ritterfamilie von Haselstein beginnt Ende des 12. Jahrhunderts. Ludger von Haselstein war “kaiserlicher Gesandter”. Belegt sind Aufträge für Kaiser Heinrich VI. (1190-97) und König Philipp von Schwaben (1197-1208). Seine Söhne Gerlach und Marquard standen ebenfalls im Reichsdienst und wurden mit Besitzungen an Kinzig und Main belehnt. Ihr Bruder Ludger brachte es als Geistlicher zum Domherrn in Mainz. Die urkundlich überlieferte Übertragung von Haselsteiner Besitz in Nordenstadt (bei Wiesbaden) auf die Mainzer Domkirche liegt 2023 genau 800 Jahre zurück.

Geselliges Miteinander an den Eselskellern (2022)

Burgsanierung kommt gut voran

Freilegungen bestätigen alte Forschungen zum Grundriss ‘auf den Meter genau’

Von guten Fortschritten bei der Sanierung der Burgruine auf dem Haselsteiner Schlossberg berichten Berthold Vogt und Andreas Knüttel vom Heimat- und Geschichtsverein. Die Mitarbeiter der Firma Fesch (Waldkappel) sind jetzt in der fünften Woche auf der Baustelle. Der erste Sanierungsabschnitt umfasst die am stärksten geschädigten Bereiche: das heute noch mehrere Meter aufragende Burgtor sowie die Mauerreste der östlichen Vorburg (Zwinger) oberhalb von Kirche und Schloss. Letztere standen infolge des instabilen Untergrunds kurz vor dem Absturz. Lange Zeit stand nicht fest, ob die äußere Begrenzung der Burganlage überhaupt erhalten werden kann. Mittlerweile ist die Sicherung abgeschlossen, und die Arbeiten konzentrieren sich auf die auch als Ruine immer noch imposante Toranlage von 9 x 11 Metern im Geviert.

Außenwand des Torbaus (Ostseite) nach erfolgter Sanierung

In die von Wind und Wetter ausgewaschenen Fugen wird neuer Mörtel maschinell eingeblasen. Durch die Stabilisierung des Mauerwerks im sog. Trockenspritzverfahren kann der größte Teil der Steinlagen im Original erhalten bleiben und muss nicht abgebaut und neu zusammengesetzt werden. Um den Neuaufbau nicht herum kommen die Bauleute bei den oberen Steinlagen auf den Mauerkronen und bei abgebrochenen bzw. teilweise eingestürzte Mauerteilen.

Doppelwandige Mauer, über 1m stark, im Torbau

Das hierfür benötigte Baumaterial auf den Berg zu schaffen, hat der Bautrupp des Heimat- und Geschichtsvereins übernommen. Mühsam war vor allem das Aufsammeln der Bruchsteine aus Phonolith, dem hauptsächlichen Baumaterial der mittelalterlichen Burg, von den Abhängen des Schlossberges. „Durchgezählt haben wir nicht. Eine ordentliche vierstellige Anzahl ist aber zusammengekommen“, betonen Berthold Vogt und Andreas Knüttel angesichts der Mauerstärken zwischen einem und ein Meter sechzig. Die von den Vereinsmitgliedern erbrachte logistische Unterstützung erspart einige tausend Euro an Kosten. „Dieses Geld steht zusätzlich für die eigentliche Sanierung zur Verfügung“, macht Vorsitzender Berthold Vogt deutlich. Finanziert werden die Arbeiten von HessenForst als Eigentümer des Schlossberges. Ein zweiter Sanierungsabschnitt ist für nächstes Jahr vorgesehen.

“Viel Steine gab’s …”: Baustelle im Bereich des Torbaus

Von interessanten Funden, die bei den nötigen Erdbewegungen und der Freilegung von Mauerstücken gemacht wurden, weiß der 2. Vorsitzende Andreas Knüttel zu berichten: „Anhand von zu Tage geförderten Steinschwellen und Profilsteinen kennen wir jetzt die genaue Lage des äußeren Burgtors.“ Es befindet sich zudem „auf den Meter genau“ da, wo der Historiker und langjährige Leiter des Fuldaer Kulturamts, Dr. Heinrich Hahn (1911-1988) es schon vor Jahrzehnten vermutet hat. Dr. Hahn musste bei seinen Forschungen[1] ohne Ausgrabungen auskommen. Wie er trotzdem bisher immer richtig gelegen hat, zeigt sich z.B. auch an einem in der Erde verborgenen, vom Torbau ausgehenden Mauerzug, der bei der Sanierung jetzt entdeckt wurde.

[1]  Veröffentlicht in den Fuldaer Geschichtsblättern 1983 (59. Jahrgang), S. 28–40.

Freigelegt: Schwelle vom äußeren Burgtor

Bis zum Abschluss der Arbeiten bleibt der Schlossberg für die Öffentlichkeit weiterhin gesperrt. Daher muss die für So., 22.09., geplante Führung zu Eselskellern und Burgruine  leider entfallen.

Noch rechtzeitig vor dem Absturz bewahrt: Östliche Vorburg (Zwinger)

Flurtag auf dem Haselsteiner Geschichtsweg

Zu einem Spaziergang auf dem vergangenes Jahr eingerichteten Haselsteiner Geschichtsweg lädt der Heimat- und Geschichtsverein am Himmelfahrtstag (Flurtag), 30. Mai, ein. Treffpunkt ist um 14 Uhr im Schlosshof (Schlossbergstr. 4). Angesteuert werden auf der ca. 1-stündigen Tour die barocke Pfarrkirche, das Amtsschloss sowie Eselskeller und Burgruine.

Auf den insgesamt neun Stationen kann der Interessierte 600 Jahren Dorfgeschichte nachspüren: Die Zeitreise startet im Mittelalter an der Ruine der 1113 ersterwähnten Burg und den Rittern von Haselstein. Von hier reicht die Aussicht über das Hessische Kegelspiel bis ins nordhessische Bergland. Der Weg schließt ab im 18. Jh., der Epoche des lebensfrohen Barock, der mit seinem Glanz das Haselsteiner Ortsbild bis heute prägt.

Aufwändige Stukkaturen in Haselsteins Barockkirche.

Weitere Informationen unter: https://www.haselstein.com/haselsteiner-geschichtsweg/ oder 0175 / 296 296 1.

Vorbildliche Burgsanierung

Haselsteiner informieren sich auf der Osterburg in der bayerischen Rhön

Angesichts der anstehenden Restaurierungsarbeiten an der eigenen Burgruine hat der Haselsteiner Heimat- und Geschichtsverein einen verspäteten Maiausflug unternommen, um eine bereits vorbildlich sanierte Ruine in Augenschein zu nehmen. Ziel war die unterhalb des Kreuzbergs auf 714 Metern gelegene Osterburg bei Bischofsheim. Vor dem Jahr 1200 als Grenzbefestigung errichtet, hatte sie die Aufgabe, das Fürstbistum Würzburg gegen die „räuberischen Fuldaer Fürstäbte“ abzusichern. So steht es jedenfalls in der Wikipedia. Besonders das nahegelegene Dammersfeld war im 13. Jh. zwischen Würzburg und Fulda wiederholt umkämpft. Um 1270 sollen die Fuldaer unter Abt Bertho II. von Leibolz die Osterburg zerstört haben. Der Legende nach haben die Steine der Burg beim Bau des Klosters Kreuzberg Verwendung gefunden.

Teilweise rekonstruierter Bergfried

Heute ist die Osterburg Beispiel für die gelungene Freilegung, Sanierung und öffentliche Präsentation einer mittelalterlichen Ruine. Wie in Haselstein ist die Initiative von engagierten Bürgern ausgegangen, zusammengeschlossen im Verein der „Freunde der Osterburg“. Deren 2. Vorsitzender Wolfgang Schön erläuterte die einzelnen Abschnitte der Erhaltungsarbeiten, mit denen 2005 begonnen wurde und die größtenteils abgeschlossen sind. Die Haselsteiner Delegation, angeführt vom Vorsitzenden Berthold Vogt und begleitet von Nüsttals Bürgermeisterin Marion Frohnapfel und Pfarrer Josef Schlitt, zeigte sich beeindruckt vom dem auf dem 4.400 m² umfassenden Burgareal Geleisteten. Verglichen mit der Osterburg war die Haselsteiner Burganlage eher bescheiden. Dem steilen Gelände des Haselsteiner Schlossbergs geschuldet, umfasste diese nur etwas über 2.000 m².

Burgbesichtigung vor prachtvollem Rhönpanorama – im Hintergrund der Kreuzberg.

Dass es an der fuldisch-würzburger Grenze in der nachmittelalterlichen Zeit wieder friedlicher zuging, wusste Haselsteins Dorfhistoriker Andreas Knüttel noch zu ergänzen.  Mitte des 16. Jahrhunderts sind Kühe und Rindvieh aus der zur Burg Haselstein gehörigen Landwirtschaft gut 40 km weit auf das Dammersfeld zur Sommerweide getrieben worden. Die Belege für diese frühen Wirtschaftsbeziehungen zur Nachbarschaft der Osterburg finden sich in den ältesten Haselsteiner Amtsrechnungen.

Erstes Haselsteiner Dorf-Quiz

Heimatkunde mit Spaßfaktor von Burg bis Bundespräsident

„Seit wann haben die Haselsteiner fließendes Wasser im Haus?“, „Wann wurde das Dorf ans Stromnetz angeschlossen?“ So lauteten zwei der insgesamt 44 Fragen des ersten ‚Hollsteiner Dorfquiz-Abends‘, zu dem der Heimat-, Kultur- und Geschichtsverein ins Dorfgemeinschaftshaus eingeladen hatte. Dass die Dorfschule, die zuvor hier untergebracht war, im Sommer 1974 ihre Pforten schließen musste, wurde ebenso abgefragt wie der Name des aktuellen Leiters der Grundschule Nüsttal.

Moderiert wurde der Wissenswettbewerb von den beiden Vorsitzenden Berthold Vogt und Andreas Knüttel. Dabei standen geselliges Miteinander, nicht knallharter Wettbewerb, im Mittelpunkt. Gespielt wurde in Rate-Teams, wobei die Familien-Teams aufgrund der Altersmischung eindeutig im Vorteil waren. Die Auswertung der Fragebögen bescheinigte den Haselsteinern, über ihren Ort gut Bescheid zu wissen. Alle acht Rateteams erreichten über 50 % der maximalen Punktzahl. Bei einer Schulprüfung wäre niemand durchgefallen. Ausgelobt waren ein Kasten Bier, 2 Kilo Gehacktes, 1 Laib Brot und Zwiebeln. Von den Gewinnern gestiftet, wurden die Preise gleich im Anschluss gemeinsam verzehrt.

Anno 2019 Schauplatz des ersten “Hollsteiner Dorf-Quiz” …

So manche Überraschung brachte die Auflösung der Fragen mit sich. Dass das fließende Wasser und die Elektrizität erst 1902 bzw. 1927 den Weg nach Haselstein gefunden hatten, rief einiges Erstaunen hervor. Ein Leben ohne diese zivilisatorischen „basics“ ist für uns Zeitgenossen von 2019 kaum vorstellbar. Von allen richtig beantwortet wurde die Frage nach dem Staatsoberhaupt, das schon offiziell in Haselstein gewesen war: Karl Carstens am 27. Dezember 1980 auf seiner Deutschland-Wanderung von der Ostsee zu den Alpen.

Nicht ganz so sattelfest zeigten sich die Teilnehmer bei der Haselsteiner Geographie: Höhe des Schlossbergs (483 m), Anzahl der Berge in der Gemarkung (14) und der größten Erhebung (Breiter Berg (580m), zugleich höchster Punkt der Gemeinde Nüsttal).

An gleicher Stelle wurde bis 1974 ‘Schule gehalten’ (Unterrichtsszene kurz nach Eröffnung der Schule 1953)

Selbst bei der mit Abstand kniffligsten Frage, wann die erste internationale Hochzeit mit einem nichtdeutschen Ehepartner stattgefunden hat, konnten Punkte vergeben werden: Therese Landvogt, eine Tochter des letzten Haselsteiner Amtmanns auf dem Schloss, hat am 28. Mai 1811, also mitten in der Napoleonischen Zeit, den französischen Besatzungsoffizier Mannes Henry geheiratet. Der Bräutigam stammte aus dem Städtchen  Montigny-le-roi im nördlichen Burgund unweit der Quelle der Maas. Für die Antwort war eine Toleranz von plus/minus 20 Jahren einkalkuliert. So lag mit der Angabe „1830“ ein  Team noch richtig. Zwar keinen Punkt, aber einen kräftigen Anerkennungsapplaus gab es für die originellste Aufzählung der Eisheiligen: „Kalte Sophie und Geschwister“.

Alle Fragen und Antworten nochmals nachzulesen gibt es  hier:

0126_Dorfquiz – Fragen Antworten 1-44

 

Barocke Pracht für’s einfache Volk

Geschichtsfreunde aus Haselstein und Mittelaschenach auf den Spuren des Barock-Baumeisters Andreas Gallasini

Leben und Werk des fürstlich-fuldischen Baumeisters Andrea(s) Gallasini (1681-1766) haben die Heimatvereine von Haselstein und Mittelaschenbach im Fuldaer Vonderau-Museum nachgespürt. Das Interesse an der Ausstellung zu Gallasini geht zurück auf dessen Bauten in Haselstein. Sowohl die barocke Pfarrkirche als auch das unterhalb gelegene Dorfgasthaus ‚Goldener Stern‘ in der Dorfmitte gehen auf ihn zurück.

Baumeister Gallasini, Schöpfer des barocken Haselstein: Kirche und Mägerleinscher Hof (Wirts)

Gallasinis Wiege stand in Lugano im Tessin (italienische Schweiz). Sein Lebensweg steht beispielhaft für vielen Baukünstler und Handwerker, die ab dem späten 17. Jahrhundert den lebensfrohen, aus Italien stammenden Barockstil über die Alpen brachten. Vor allem wegen der kunstvollen Stukkaturen waren die vorwiegend aus Oberitalien stammenden ‚frühen Gastarbeiter‘ an den deutschen Fürstenhöfen hoch willkommene Mitarbeiter. Bevor er 1720 nach Fulda kam, hatte Andreas Gallasini Stationen in Saalfeld, Meiningen, Weilburg, Neuwied und Arolsen absolviert: zunächst als angestellter Stukkateur, dann als Bauleiter.

Unter Fürstabt Adolph von Dalberg avancierte Gallasini schließlich 1728 zum fürstlichen Baumeister und Architekten, eine Stellung, die er fast 30 Jahre, bis nach dem Tod von Dalbergs Nachfolger Amand von Buseck 1756, ausfüllen sollte. Neben seinem Wirken in der Residenzstadt Fulda hat Gallasini unter anderem in 20 fuldischen Dörfern neue Kirchen errichtet. Dieses flächendeckende Bauprogramm war zunächst Ausfluss der Anstrengungen der beiden fürstäbtlichen Auftraggeber, die Seelsorge auf dem Land zu intensivieren. Zugleich erwuchs Andreas Gallasini, wie der Kunstexperte Ernst Kramer einst schrieb, zum „Schöpfer des einheitlichen barocken Gesichts des Fuldaer Landes.“

 

Wie die Ausstellung zeigt, war charakteristisch für Gallasinis Arbeitsweise der Rückgriff auf Fassadenelemente bedeutender Barockbauten, etwa in Rom, Florenz oder Wien. Die partielle Verwendung fremder Entwürfe für die eigenen Bauprojekte wäre heute als Diebstahl geistigen Eigentums verpönt. Im 18. Jahrhundert hingegen war dies allgemein akzeptiert und wurde auch erwartet. Kopiert hat Gallasini bei seinen Landkirchen zudem viele Gestaltungselemente des 1712 vollendeten Fuldaer Doms. Er hat die Hauptkirche des Hochstifts gewissermaßen ‚geklont‘ und in viele Orte des Stiftsländchens hinausgetragen. Ob mit bewusstem Kalkül oder nicht:  Die eigene Kirche ähnlich schön wie den Dom in der Hauptstadt zu wissen, förderte die Identifikation der gläubigen Untertanen mit Fürstenthron und Altar.

Besuchergruppe der Heimatvereine von Mittelaschenach und Haselstein

Dies fiel ihnen umso leichter, als sie die neuen Kirchen großenteils geschenkt bekamen. Bauherr war der Fürstabt, bezahlt wurde aus der fürstlichen Kasse. Zwar sind Überlieferungen falsch, alle Kosten wären aus der Abts-Schatulle beglichen worden. Der Eigenanteil der Gemeinden hielt sich jedoch in Grenzen. Im Falle Haselsteins hatte das Dorf 417 der laut Kirchbaurechnung verausgabten 2.119 Gulden beizutragen. Das waren knapp 20 %.

In der Ausstellung ist einem Zeitstrahl mit allen Bauten Gallasinis zu entnehmen, dass die Mehrzahl seiner Landkirchen im Norden der Fürstabtei entstanden ist, um Hünfeld und Geisa herum. Im Hünfelder Land erhielten zunächst alle vier Amtsdörfer ein neues Gotteshaus: Burghaun sein evangelisches (erbaut 1727-29). Die große katholische Schwester von Dombaumeister Dientzenhofer war schon 1714 vollendet. Die Mackenzeller Pfarrkirche (1728-30) diente dem fürstlichen Baumeister, so jedenfalls die kunsthistorische Einordnung, als Prototyp für nachfolgende Entwürfe. Beim Einmarsch der US-Armee Ostern 1945 ausgebrannt, wurde die Ruine, anders als in Hauswurz, nicht wieder aufgebaut. Eiterfeld (1730-31) beeindruckt durch die besonders gelungene Fassadengestaltung und den harmonischen Gesamteindruck.

Für eine Fuldaer Dorfkirche einzigartig: Stukkaturen in Haselstein

Bei der kleinen, in den Abhang des Schlossbergs förmlich hineingebauten Haselsteiner Kirche (1730-33), sind es hingegen die überreichen Stukkaturen im Inneren, die dem Betrachter besondere Bewunderung abverlangen: kunstvolles Bandelwerk, Rosenbuketts und aufwändige Umrahmung der Evangelisten-Portraits an der Decke. 12 Flammenkreuze, geziert von 72 Engelsköpfchen, ein jedes mit individuellem Gesicht, sind entlang der Seitenwände verteilt. Für eine Dorfkirche eine absolute Ausnahme, ist vergleichbarer Aufwand nur in Fulda bzw. den Propsteien, den Nebenresidenzen der adligen Domkapitulare, getrieben worden. Auch wenn er in der Kirchbaurechnung nur anonym als ‚Stuckator‘ erscheint, ist die Urheberschaft des Hofstukkateurs Andreas Schwarzmann nachgewiesen. Pfarrer Armin Hühn hat dessen Namenszug im Stuckband über der Orgel in den 1980er Jahren entdeckt.

Eines der 12 Flammenkreuze mit Engelsköpfen in der Haselsteiner Kirche (Farbfassung der Renovierung 1988)

Weitere Gallasini-Kirchen im Hünfelder Land schmücken Großentaft (1736-39) und Oberufhausen (1747-50). Bis 1966 stand eine siebte in Michelsrombach (1747-48). Obwohl einem prominenten römischen Kloster, dem Oratorio dei Filippini, nachempfunden, musste sie einem modernen Neubau weichen.

(Andreas Knüttel)